BESPRECHUNGEN VON OSTMETAL-TONTRÄGERN
ROCHUS “Years Of Ignorance“ (Demo, Eigenproduktion, 1989)
Die Mitte der achtziger Jahre von einem ehemaligen MACBETH-Mitglied gegründete Erfurter Formation brachte es neben einer Handvoll Rundfunk-Produktionen,
von denen lediglich der Titel "Let's Trash" den Weg auf Vinyl fand und der Rest ein paar Mal in den ostdeutschen Heavy-Metal-Sendungen gespielt wurde, immerhin
auf ein komplettes Demo, welches 1989 unter dem Titel "Years Of Ignorance" veröffentlicht wurde.Die Aufnahmen auf dieser Kassette stammen aus unterschiedlichen Sessions und beinhalten unter anderem auch den Song "Haunting In Your Brain", der zusammen mit dem meines Erachtens nach besten ROCHUS-Stück "Frankenstein", welcher leider nicht auf dieser Kassette zu finden ist, zu Demozwecken aufgenommen wurde. Allerdings kann man von diesem Stück eine Neuaufnahme mit englischem Gesang unter dem Titel "Plastic Life" vorfinden, die sogar noch etwas ruppiger daherkommt als die deutsche Original-Version. Der teilweise sehr rohe Thrash Metal weiß auf Anhieb zu überzeugen und ein Killer-Riff jagt das nächste. Schon der Opener "Godzilla" geht ab wie Hexe und erinnert an die ungebändigte Urgewalt ähnlich gesinnter Zeitgenossen aus dem anderen Teil Deutschlands.
Bei den gebotenen Songs ist es sehr schwer, Anspieltips herauszuheben, da das Niveau bei allen sechs Stücken derart hoch ist, daß definitiv keine Langeweile aufkommt, während die Erfurter sich durch die circa fünfundzwanzig Minuten thrashen. Wenn ich hier von einer legendären Veröffentlichung aus der DDR spreche, dann kann ich das aus vollster Überzeugung auch mit meinem Namen unterschreiben. Während gerade der Song "Let's Trash", der nicht auf diesem Demo enthalten ist (bei einigen Kassetten wurde er jedoch als Bonustrack draufgepackt) die ungehobelte Energie der Band leider aufgrund der sehr biederen und mageren Produktion sowie dem peinlichen, aber dennoch kultigen Text und dem eher punkigen Gesang nicht im entferntesten 'rüberbringen kann, rumpelt es auf diesem Demo dafür umso gewaltiger.
Neben Demos von Bands wie beispielsweise MADHOUSE, ARGUS/MOSHQUITO oder PANTHER gehört dieses Werk ebenso zu den Top 5 der damaligen Thrash-Szene. Wäre es ROCHUS damals möglich gewesen, unter professionellen Bedingungen ein Album aufzunehmen und dieses auch im Ausland zu veröffentlichen, hätte dies sicherlich einiges an Wirbel fabriziert, denn spielerisch gibt es hier überhaupt nichts zu meckern und die Songs sind allesamt überdurchschnittlich gut.
Gerüchte, daß zur Wendezeit ein Album aufgenommen wurde, welches aber aufgrund der chaotischen Situation und des Desinteresses seitens der landeseigenen Fans, die nun Ausschau nach internationalen Tonträgern hielten, niemals das Licht der Welt erblickte, sind mir zwar auch schon zu Ohren gekommen, aber leider ist es bisher nicht gelungen, Licht in das Dunkel zu bringen und diese Vermutung aufzuklären. Vielleicht weiß ja jemand etwas darüber?
Mit den besten Empfehlungen für ein essentielles Stück Thrash-Geschichte erhebe ich mich, um die Kassette zurückzuspulen und einmal mehr zu zelebrieren.
(Text: Engel, Bild: Rochus)
