BESPRECHUNGEN VON OSTMETAL-TONTRÄGERN


BLITZZ "Do The Blitzz" (Steamhammer, 1990)

Die Erfurter Metal-Band BLITZZ machte schon in den frühen Achtziger Jahren einige Schlagzeilen, auch wenn man damals noch unter dem Namen PRINZZ fungierte und erst im Laufe der Zeit vom seichten Pop-Rock mit NDW-Anstrich zum Heavy Metal und später zum Speed Metal fand.
Neben einigen Rundfunkaufnahmen und Gastspielen auf diversen Festivals, die allesamt im Radio gesendet und übertragen wurden, sowie frühen Beiträgen auf der Compilation "Auf dem Wege" und einer KLEEBLATT-LP kamen die Jungs und das Mädel zu DDR-Zeiten leider niemals zu Vinyl-Ehren, sondern mußten sich bis zum Fall der Mauer gedulden, um einen Bruchteil ihres Repertoires auf einen Tonträger pressen lassen zu können.
Wie bereits erwähnt, änderte man nach einigen Umbesetzungen Mitte der Achtziger Jahre auch den musikalischen Kurs und begab sich in Richtung Metal, vorgetragen in teils deutscher und teils englischer Sprache. Der kultige Song "Tarantella" dürfte noch jedem Hörer der "Tendenz Hard bis Heavy" geläufig sein, sowohl die Ur-Version in der Muttersprache als auch die zweite Einspielung im Jargon des Klassenfeindes. Anno 1988 erfolgte dann auch der Namenswechsel von PRINZZ zu BLITZZ.
Im Jahre 1989 (noch weit vor der Wende) bot sich dann endlich die Gelegenheit, ein zwölf Songs umfassendes Debüt-Album einzuspielen, welches als gesamtdeutsche Co-Produktion in die Geschichte eingehen sollte, jedoch in den Wirren des Umbruchs zuerst auf Eis gelegt und am Ende gar nicht veröffentlicht wurde. In diese eher desillusionierte Zeit platzte dann wie aus heiterem Himmel ein Plattenvertrag mit "Steamhammer" aus Hannover, der wohl durch die Tourauftritte, welche die Erfurter mit HOLY MOSES bestritten, zustande gekommen war. Resultat war eine in den "Horus Sound Studios" produzierte Mini-LP, die sechs Stücke enthielt, die bereits auch auf dem unveröffentlichten Album enthalten waren, jedoch teilweise überarbeitet wurden und nun etwas dichter, kraftvoller und weitaus professioneller klangen. Fraglich ist nur, warum nicht gleich das komplette Album neu eingespielt wurde, aber sicher spielten da sowohl finanzielle Gründe als auch GEMA-pflichtige Argumente eine Rolle (das unveröffentlichte Album enthielt zwei Cover-Versionen) oder man wollte einen Appetit-Happen für eine geplante volle Scheibe herausbringen, um erstmal das Interesse zu wecken und die Band auch in den Alt-Bundesländern bekannter zu machen. Leider wurde dieses Vorhaben nicht realisiert und es blieb bei vorliegender Mini-LP.
Die enthaltenen Stücke präsentieren eine optimal aufeinander eingespielte Kapelle, die verdammt tight agiert und der man die immense Spielfreude mit jeder Sekunde anmerkt. Daß das unvermeidbare "Tarantella" auf dieser Scheibe nicht fehlen durfte, müßte logisch sein, denn dieser Song war es, der zu Ostzeiten jedem geläufig war, der auf härteren Metal stand. Die Produktion klingt für diese Zeit sehr druckvoll und sauber und Kerstin Radtke's ausgebildete Rockröhre thront über dem fesselnden Sound, um ihm damit eine individuelle Note zu geben.
Wie man sicher erahnen kann, hielten sich die Verkäufe der Platte in Grenzen und während man im neu gewonnenen Absatzmarkt West sowie in internationalen Gefilden wenigstens ein paar tausend Exemplare verscherbeln konnte, hielten die ehemaligen Fans aus dem Osten nun eher Ausschau nach Bands und Scheiben aus der internationalen Szene und ignorierten quasi ihre alten Helden, um die ersten Westbohnen in LPs zu investieren, die man bis dato nur zu unmenschlichen Preisen auf dem Schwarzmarkt kaufen konnte oder als Souvenir aus Polen oder Ungarn (natürlich als Bootlegs) mitbrachte.
Nachdem also der große Kassenschlager ausblieb, kickten "Steamhammer" die Band und bis auf ein Demo, welches 1992 eingespielt wurde, passierte nicht mehr viel, bevor sich BLITZZ noch Anfang der Neunziger auflösten. Anno 2009 sind alle vier Musiker von damals noch aktiv, wobei die musikalische Ausrichtung nun von Jazz über Spaß-Rock bis hin zu Gothic reicht und man seine metallischen Wurzeln hinter sich gelassen hat.
In naher Zukunft ist geplant, das unveröffentlichte Album von 1989, zusammen mit diversen Rundfunk- und Demoproduktionen, via "German Democratic Recordings" auf CD zu veröffentlichen, um der durchaus talentierten Gruppe zu spätem Ruhm zu verhelfen bzw. deren Vermächtnis für alle Ewigkeit in digitaler Form zu sichern und den Fans von damals zugänglich zu machen. Bis dahin empfehle ich die mittlerweile noch immer erhältliche Mini-LP/CD, die durchaus aus der Masse der Veröffentlichungen Anfang der Neunziger Jahre heraussticht und jedem Speed Metal-Fan zusagen dürfte.

(Text: Engel, Bild: Steamhammer)
 
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