BESPRECHUNGEN VON OSTMETAL-TONTRÄGERN |
BIEST (diverse Produktionen, 1986-1998) |
Die aus Jüterbog stammende Formation um den charismatischen Frontmann Norbert "Klempo" Bode, der nach all den Jahren neben
seiner kratzigen und kraftvollen Stimme auch aufgrund seines Zwirbel-Bartes noch nicht in Vergessenheit geraten ist, startete
ihre ersten Gehversuche im Jahre 1985, um sich voll und ganz dem Speed & Thrash Metal zu verschreiben. Schon kurze Zeit
später war man mit den ersten Eigen-Kompositionen im Rundfunk vertreten und konnte auch auf dem Live-Sektor diverse Erfolge
verbuchen. Ein gelungener Mitschnitt aus Görlitz, der im Jahre 1986 aufgenommen und seinerzeit in der “Heavy-Stunde“ ausgestrahlt
wurde, dokumentiert eine energiegeladene Gruppe, die einigen Bands aus dem kapitalistischen Ausland um einiges überlegen, aber
wenigstens gleichwertig war, was das kompositorische Können und die Darbietung vor Publikum betraf. Die ersten unter professionellen
Bedingungen eingespielten Stücke “Metall“ und “Hard Feeling“ fanden große Beachtung bei den Fans und Hörern, auch wenn die
typische Produktionsweise von Jürgen Matkowitz (PRINZIP) aufgrund von Zeitmangel und fehlender Ausrüstung stets auf die
Verwendung eines Drum-Computers hinauslief und somit der raue und ungehobelte Charme des Stücke ein wenig abgedämpft wurde.
Dennoch waren diese ersten Studioaufnahmen recht amtliche Visitenkarten, um sich einen guten Namen in der damaligen Metal-Szene
der DDR zu machen. Neben den eigenen Stücken spielte man beispielsweise Material von SLAYER, GRAVE DIGGER, SLAYER oder METALLICA
nach, um den Bedarf westlicher Musik in dieser Form zumindest als Kopie auf diversen Dorfsälen zu decken. Es folgten zahlreiche
weitere Konzerte sowie Demo-Aufnahmen (“Whiskymann“), bevor man im Jahre 1989 aufgrund des spürbaren Erfolges ernsthaft über
die Veröffentlichung einer Langspiel-platte nachdachte. Da die finanziellen Mittel der staatseigenen Platten-firma “Amiga“
jedoch leider recht limitiert waren, erschien im gleichen Jahr lediglich eine Quartett-Single mit vier Titeln (“Crash Trash“,
“Grab Im Moor“, “Manne (Gegen Gewalt)“ und “Motortraum“), die jedoch aufgrund der darauf gebotenen Songs schnell zu einem
begehrten Sammler-Objekt wurde und auch in die Wertungslisten der “Beatkiste“ Einzug halten konnte. Der erste Titel präsentierte die Band gleich in einer unglaublichen Geschwindigkeit. Hier wurde geholzt, was das Zeug hielt und man bekam für knappe zwei Minuten eine saftige Thrash-Keule serviert. Spielerisch blieben keine Wünsche offen und man kann aus heutiger Sicht mit großer Sicher-heit behaupten, daß bis zur Wende kein ähnliches Stück Musik einer gleichartigen Gruppe auf einem weiteren Tonträger der DDR veröffentlicht worden ist. Im Anschluss gab es dann die Halb-Ballade “Grab im Moor“, deren Kontrast zum vorangegangenen Orkan nicht größer hätte sein können. Trotz unverzerrter Gitarren im Strophen-Teil und dem abgebremsten Tempo besitzt dieses Stück dennoch eine ziemliche Härte, was nicht zuletzt an der Reibeisen-Stimme von Klempo liegen mag. Geboten wird feinster Doom Metal und auch textlich bewegt man sich in recht anspruchsvollem Terrain. Auf “Manne (Gegen Gewalt)“ drückt man dann wieder auf's Gaspedal: Messerscharfe Gitarrenriffs werden von einer Doublebassdrum untermauert und die Bay Area-mäßigen Background-Gesänge, die auch schon beim ersten Song zu hören sind, unterstreichen den Refrain. Mit “Motortraum“, der ebenfalls im zügigen Speed Metal-Tempo daherkommt, klingt die viel zu kurze Platte gebührend aus. Ob die Band auf einem Longplayer die Qualität des hier gebotenen Materials hätte halten können, bleibt für alle Zeit leider nur reine Spekulation, aber Songs wie “Whiskymann“, “Biest“, “Hard Feeling“ oder “Metall“ beispielsweise hätten ein komplettes Album in jeder Hinsicht bereichert.Gar nicht auszumalen, wie weitere Stücke in dieser Richtung geklungen hätten, aber leider beschränkt sich das Vermächtnis dieser großartigen Kapelle zu DDR-Zeiten lediglich auf diese acht bekannten Songs. Nach den Wende-Wirren erfuhren auch BIEST, daß die Nachfrage nach ostdeutschen Metal-Bands auf ein Minimum gesunken war und während ein Großteil der ehemaligen führenden Gruppen beschloß, weitere Aktivitäten auf Eis zu legen, meldete man sich im Jahre 1991 überraschender-weise mit dem englischsprachigen Demo “No More Tears“ zurück, welches im Vergleich zum Schaffen vor dem Fall der Mauer eher enttäuschend ausfiel. Während man früher eher dem Speed Metal fröhnte und Geschwindigkeit und spielerische Präzision an erster Stelle standen, zügelte man auf der ersten Veröffentlichung im wiedervereinten Deutschland das Tempo um einige BPM und präsentierte sich nun in einem etwas trägen Heavy Metal-Gewand mit teilweise modernem Riffing, das nicht so recht zum ehemaligen musikalischen Image passen wollte und aufgrund der ziemlich mageren Produktion (wieder mit Drum-Computer) und langweiligen und vorher-sehbaren Songstrukturen nicht wirklich überzeugen konnte. Die positiven Reaktionen blieben aus und der angestrebte Plattenvertrag kam nicht zustande, woraufhin es um die Gruppe recht still wurde. Bis auf ein paar wenige Auftritte auf Biker-Treffen und kleineren Rockfestivals hörte man nicht mehr viel von BIEST und auch eine erneute Umbesetzung, die Rückkehr zur deutschen Sprache und die Hinzunahme eines Keyboarders brachten nicht den gewünschten Erfolg. Das letzte Tondokument wurde 1998 in Form eines Fünf-Song-Promos eingespielt und bot ziemlich gesichtslose Rockmusik, der meilenweit vom dem entfernt war, was die Jungs noch vor zehn Jahren zelebrierten. Abgesehen von hörbaren spielerischen Defiziten (speziell das Schlagzeugspiel betreffend) fehlte mittlerweile leider auch der textlichen Umsetzung ein wenig der Anspruch und man verlor sich mitunter in teilweise platten Phrasen. Kurz nach Veröffentlichung von “Der Zocker“ (so der Titel des Promos) plante man endlich die Aufnahme des Debüt-Albums, was jedoch noch in der Vorbereitungsphase aufgrund bandinterner Probleme scheiterte. Mittlerweile sind die meisten der ehemaligen Mitglieder in anderen Bands tätig oder gar ins Ausland ausgewandert und bewegen sich nun in musikalischen Gefilden, die fernab von Speed- oder Thrash Metal anzusiedeln sind und den Charme der frühen Tage vermissen lassen. Somit bleibt ein kurzes und knappes Vorwende-Vermächtnis einer durchaus begabten und großartigen Gruppe zurück, welches immer wieder eine hörenswerte Kurzweil bietet und hoffentlich irgendwann endlich als gesammeltes Werk auf einer würdevollen Zusammenstellung in Form eines Tonträgers veröffentlicht werden wird. (Text: Engel, Bilder: Amiga, bandeigene Promotion) |