BESPRECHUNGEN VON OSTMETAL-TONTRÄGERN


BERLUC (diverse Produktionen, 1977-1996)

BERLUC gingen aus einer Jazz- und Tanzmusik-Kapelle hervor, was man an den (heutzutage eher kultigen) Songs "Wer hat mein Geld" und "Bootsplatz Nr. 4" aus den Jahren 1976/77 gut nachvollziehen kann. Doch die Jungs um Dietmar Ränker orientierten sich schon 1978 in Richtung Hard Rock und konnten mit "Hallo Erde, hier ist Alpha" einen Mega-Hit landen, der den Rostockern dann auch zur ersten Langspielplatte bei "Amiga" verhalf. 1979 erschien dann das erste Konzept-Album der DDR-Rockgeschichte und die instrumentalen Zwischenspiele, welche die Songs nahtlos miteinander verbanden, waren ebenfalls ein Novum im Ostrock. Ich persönlich finde diese Intermezzi ja eher verzichtbar, doch neben dem überragenden Titel-Song konnten mich Lieder wie "Alter Traum", "Flügel" oder die geniale Ballade "Blaue Stunde" überzeugen, die zwar teilweise von sehr einfacher Machart sind, aber mit guten kompositorischen Ideen aufwarten.
Zwei Jahre später erschien dann die zweite LP, welche mit Perlen wie dem Titelsong "Hunderttausend Urgewalten", den beiden atmosphärischen Songs "Bermuda-Dreieck" und "Bernsteinlegende", der AC/DC-Hommage "Fliegen vor der Zeit" oder dem Hit "Glaube an Dich" vollends überzeugen kann. Die rauhe Stimme von Sänger Manfred verleiht den überwiegend hervorragenden Kompositionen von Axel Stehr, Gerd Pöppel und Manfred Kähler erst den gewissen Touch. In den Augen mancher Kritiker haben BERLUC auf dieser Platte angeblich nachgelassen, aber vielleicht macht gerade die Geradlinigkeit und Kompromißlosigkeit der meisten Kompositionen diese Songs zu zeitlosen Klassikern?!
Die Rostocker konnten 1983 mit "No Bomb" den "Hit des Jahres" landen und das erfolgreichste BERLUC-Album "Rocker von der Küste" erschien dann Ende 1984. Dieses enthielt neben dem einfach gestrickten, aber abgehenden "No Bomb" mit dem geradlinigen "Gradaus" (verzeiht mir das Wortspiel!), der bei "Rock für den Frieden 1984" präsentierten Ballade "Die Erde lebt" und dem von Bandchef Dietmar Ränker gesungenen "No Bomb"-Klon "Rocker von der Küste" noch etliche weitere Hits. Diese Songs knüpften bis auf wenige Ausnahmen nahtlos an die Qualität der Lieder von "Hunderttausend Urgewalten" an und Kurt Demmler schrieb (wie schon seit 1979) auch auf dieser Platte die meisten Texte der Rostocker.
Bis Anfang 1985 konnten sich BERLUC mit fast allen Songs dieser Platte in den Wertungssendungen erfolgreich platzieren und noch im selben Jahr erschien die Single "Tausend Hände", wobei der balladeske Titelsong und die rockige B-Seite "Zeig Dein Gesicht" den Qualitäts-Standard der vorherigen LP halten konnte. 1986 erreichte die Band dann mit dem nicht mehr ganz so originellen "Blutjung" abermals vordere Plätze in den Hörer-Charts des "Jugendradio DT 64" und lieferte 1987 mit "Alptraum" und "Kino im Kopp" zwei lupenreine Hard Rock-Granaten ab, die jedoch schon mehr oder weniger untergingen.
BERLUC mußte dann den Abgang von Sänger Manfred Kähler verkraften, jedoch ging es für die erfolgsverwöhnten Rostocker kommerziell gesehen keineswegs bergab, auch wenn die Songs aus der Folgezeit entweder schnulzige Balladen oder ein müder Abklatsch der internationalen Vorbilder waren. Songs wie "Nach Haus", "Wie ein Regenbogen" oder die Gänsehaut-Ballade "Ganz nah" von der 1988er "Amiga-Quartett-Single" mit dem neuen Sänger Ralf Dohanetz konnten erneut vordere Platzierungen in den Wertungssendungen belegen, jedoch blieb meiner Meinung nach der Charme der vergangenen Jahre auf der Strecke, welcher BERLUC bis dahin ausmachte. Die neuen Songs - es kamen noch die Rundfunk-Produktionen "Lieder der Welt", "Schatten und Licht" (beides Balladen) sowie das endlich wieder rockigere "Durchgebrannt" hinzu - waren durchaus gut gelungen, aber das typische BERLUC-Feeling war mit Manfred Kähler in den Ruhestand gegangen. 1989 besann sich die Band wieder auf ihre Hard Rock-Wurzeln und veröffentlichte die Titel "Tauwetter" und "Sag's den Andren", doch diese Songs erreichten den gewohnten Standard nicht.
Die Wende brachte den Zerfall der Band und nach der Reunion im Jahre 1993 versuchten sich BERLUC mit dem neuen Sänger Ronnie Pilgrim auch an neuen Songs, welche eigentlich nicht so schlecht waren (wie "Alles im Lot" von der Best Of-CD "Die Hits" aus dem Jahre 1996 bewies), aber die Fans drängten die Band auf die Nostalgie-Schiene. So ergaben sich die Jungs dann recht schnell diesem Schicksal und tingeln noch heute mit ihren größten Hits durch Ostdeutschland, welche bezeichnenderweise fast alle aus der Periode mit Manfred Kähler stammen. Aber diese Songs zelebrieren die Fünf mit Herzblut und deswegen sind Konzerte von BERLUC quasi eine Reise in die Vergangenheit, bei denen man zu den Hits seiner Jugend noch einmal abrocken kann. Eigentlich schade, daß die Band ihre Erfolgs-Geschichte nicht fortschreiben konnte, aber heutzutage ist auch der ein oder andere Nostalgie-Trip nicht zu verachten. Jedenfalls besser als nichts!

(Text: HeRo, Bild: Berluc)
 
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